07./08.05.2010 – Überfahrt nach Wellington
Nach unserer 285 NZ$-Überfahrt nach Wellington (mit Einwegmiete verstehe ich inzwischen, warum so viele Touristentouren einen Flug von der Nord- zur Südinsel oder umgekehrt haben) haben wir unmittelbar nach Verlassen der Fähre einen wesentlichen Unterschied zwischen Nord- und Südinsel festgestellt: hier gibt es richtige Autobahnen mit 2, 3 oder mehr Spuren. Und genug Autos, die diese auch benutzen wollen… So einen Verkehr waren wir nach 11 Tagen quasi Einsamkeit mit gerade einmal einer Handvoll Autos, die einem unterwegs begegnen, gar nicht mehr gewohnt.
Am nächsten Tag haben wir uns Wellington, die Hauptstadt und Regierungssitz Neuseelands, angesehen. Gestartet sind wir den vom Lonely Planet vorgeschlagenen Stadtspaziergang (allerdings wieder einmal rückwärts) am Te Papa-Museum.
Das ist ein absolutes Muss für jeden Touristen! Ein Museum mit super spannenden Ausstellungen über Kunst, Land und Leute auf 6 Stockwerken verteilt! Mit Hilfe des deutschen Audioguides, den man hier für 5 NZ$ leihen kann, haben wir uns selbst durchs Museum geleitet… hier benötigt man schon einige Zeit, um all die Exponate und kulturellen Hintergründe zu sehen und zu verstehen! Eintritt kostet das Museum übrigens nichts, man kann allerdings spenden, was wir auch getan haben.
Ich weiß, ich bin „faktisch“ veranlagt, wüsste jetzt aber nicht, wie ich das anders beschreiben soll:
Neben einer abstrakten Skulpturaustellung (6. Stock – sehr seltsam), neuseeländischer Kunst (5. Stock – schon viel interessanter), wird im 4. Stock die Geschichte der Maori und der europäischen Entdeckung auf sehr anschauliche und interessante Weise erklärt. Dabei wird auch nicht verheimlicht, dass Neuseeland sich in der Vergangenheit bei der Verwaltung polynesischer Länder wie Samoas ähnlich schuldig gemacht hat, wie europäische Kolonialmächte. Dafür hat sich Neuseeland vor einigen Jahren offiziell entschuldigt, was hier in einem Originalmitschnitt gezeigt wird.
Weiter wird die maorische Kultur u.a. in einem Marae – einem traditionellem Versammlungsplatz mit Versammlungshaus – gezeigt sowie die Symbole und deren Bedeutungen.
Ein sehr dunkles Kapitel ist der umstrittene Vertrag von Waitangi. In diesem haben sich die Maori-Häuptlinge der britischen Krone als eigenständiges Land unterstellt. Dies war allerdings nur ihre Sicht, denn es gibt tatsächlich eine englische und eine Maori-Fassung. Die Englische spricht von „Abtretung der Souveränität“, die Maori-Fassung dagegen nicht. Dies wurde später von den Maori angezweifelt, denn es darf sicherlich zurecht bezweifelt werden, dass sich die Maori so einfach vollständig einer anderen Souveränität unterworfen hätten. Der Vertrag hat zu heftigen Kriegen zwischen Engländern und Maori geführt und ist heute immer noch ein Zankapfel der Geschichte.
Leider ist der Vertrag durch Ratten, Feuer und Wasser zum großen Teil zerstört worden, aber die Reste werden inkl. der originalen Maori-, Englischen- und der ins Englische übersetzten Maori-Version eindrucksvoll ausgestellt.
Auf Stock 2 wird Neuseelands Flora und Fauna gezeigt und auf dem ersten Stockwerk ein echter -inzwischen natürlich konservierter – Riesenkalmar ausgestellt, der durch Zufall während einer Forschungsfahrt lebend gefangen wurde.
Einfach super ist die Kinderausrichtung hier: es gibt überall Bereiche für Kinder, in denen (begleitet von „Museumserziehern“) gebastelt und spielerisch gelernt werden kann. Außerdem (und das ist noch viel cooler) gibt es quasi „Familienfragebögen“ auf denen zu den jeweiligen Bereichen „kinderfreundliche“ Fragen zu den Themen gestellt werden, wie z.B. zu Kunstbildern: was siehst Du darauf?, welchen Ausdruck hat die Hauptfigur?, hattest Du auch schon mal so eine Situation?, wie hast Du Dich gefühlt?, wie lang ist ein Wal?, weißt Du wo Europa liegt?… Das ist echt suuuper gemacht!!! Trockene Theorie anschaulich aufbereitet, einfach toll!
{phocagallery view=category|categoryid=4|imageid=56}In Te Papa hätten wir den ganzen Tag zu bringen können, haben uns dann aber Nachmittags gezwungenermaßen losgeeist und sind weiter auf unserer Entdeckungstour durch Wellington. Ein kurzer Trip mit der nostalgischen Cable-Car hat uns in die Nähe des Carter Observatory geführt, wo wir eine Sternenkarte der Südhalbkugel gefunden haben, um endlich das Kreuz des Südens am Sternenhimmel zu finden (die beiden Mädels im Verkauf waren mit Feuer und Flamme dabei uns zu erklären, wie wir das Kreuz des Südens auch garantiert finden würden – sehr nett!).
Da hier die Dunkelheit hier leider schon um halb 6 einsetzt, haben wir die Regierungsgebäude nur noch im Dunkeln gesehen. Das besondere daran ist wohl, dass die Gebäude wie aus Stein gemacht aussehen, aber tatsächlich aus Holz gebaut sind.
Danach waren wir noch in der Cuba-Street (der Einkaufs-, Ess- und Partymeile in Wellington) in einem sehr guten indischen Restaurant essen, das auch vom Lonely Planet empfohlen wird – was wir allerdings erst später durch einen großen Aufkleber im Fenster bemerkt haben. Hier gibt es verschiedene Schärfegrade: Spicy, Kiwi Hot, Indian Hot und English Hot. Letzteres wäre selbst für Inder zu scharf meinte unser super netter Ober sarkastisch.
Er konnte uns übrigens nicht sofort als Deutsche zuordnen, da wir für deutsche Touristen zu schnell Englisch sprechen und zu viele englische Wörter kennen würden… Na, wenn das mal nicht ein Ritterschlag ist 😉
Außerdem war er ein geniales Verkaufstalent: er hat mir mal schnell einen „long Coffee“ aufgequatscht, was aus meiner Sicht ein 4-facher Espresso war (hat er natürlich geleugnet, wäre nur ein „loooong Coffee“)… Meine durchaus Kaffee-trainierte Pumpe lief hinterher auf Hochtouren 🙂
Viele Grüße
shp-nz